Depression

Therapiedesaster

Eigentlich wollte ich heute meine Unzufriedenheit in der Therapie ansprechen. Eigentlich…

Diese Unzufriedenheit wurde mir nach der letzten Sitzung so richtig bewusst. Ich ging aus der Praxis und dachte „Wieder eine total sinnlose Stunde…“, schrieb aber einer Freundin „Therapie war heute richtig gut!“. Erst hinterher dämmerte mir, wie sehr ich mich gerade selbst betrüge. Ich versuchte all meinen Frust zu verbergen. Bloß keinen Anlass geben, mich nicht mehr zu mögen.

Ich hatte im letzten dreiviertel Jahr nur in unregelmäßigen Abständen Termine, weil meine Therapeutin offiziell in Elternzeit war. Mir war von Anfang an bewusst, worauf ich mich einlasse. Es kam für mich nämlich nicht in Frage, einen neuen Therapeuten zu suchen. Wir hatten schließlich schon ein Jahr zusammen gearbeitet – ein Jahr, in dem ich eine Vertrauensbasis aufgebaut habe.

Mittlerweile frustriert mich diese Unregelmäßigkeit allerdings mehr als ich zugeben mag. Für mich fühlt es sich nicht mehr wie eine zusammenhängende Therapie an, da der Vorsatz an wichtigen Themen weiterzuarbeiten, viel zu oft in der Zeit zwischen den Sitzungen flöten geht. Natürlich weiß ich, dass ich mir auch an die eigene Nase packen muss, denn es geht dort einzig und allein um MICH. Stichwort Eigenverantwortung.

Es ist schon komisch mit mir; selbst wenn meine Therapeutin mich zu Beginn einer Sitzung fragt, ob ich über ein bestimmtes Thema reden möchte, ergreife ich die Chance einfach nicht. Ein Anteil in mir ist sogar der Ansicht, dass meine Therapeutin schließlich genau wissen müsse, worüber wir zu reden haben.

Für heute hatte ich mir also vorgenommen, wirklich über meinen Schatten zu springen und ehrlich zu sein. Stattdessen eierten wir herum, so dass ich zwischenzeitlich den Eindruck hatte, meine Therapeutin sei von mir gelangweilt. Was mich wirklich extrem genervt wütend gemacht hat, war ihr Beharren auf Fragen, die für mein Leben gerade überhaupt nicht relevant sind. Dann noch kurz vor Ende das Thema Partnerschaft aufzugreifen, worüber ich absolut nicht reden mag – NEIN, NEIN, NEIN!! Ich weiß, dass es wichtig ist, irgendwann meine extreme Abwehr anzuschauen, aber den Zeitpunkt möchte ich gerne selbst bestimmen.

Definitiv gegen die Wand gefahren!

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10 Gedanken zu „Therapiedesaster“

  1. So doof und wütend sich das alles anfühlt… das Gute ist: Du nimmst es wahr. Dieses Mehr und Mehr wahrnehmen, was meins ist und was ich brauche, erlebe ich als mächtige Bausteine auf dem Weg zurück zu mir selbst.

    Und du hast völlig Recht: Es geht um dich. Was tut DIR gut?

    Neulich brach es in der Stunde gegenüber dem Therapeuten aus mir heraus (und ich musste schon lachen, bevor es ausgesprochen war … :-): „Können Sie nicht einfach mal der gute Vater sein, verflucht noch eins…!“

    Liebe Annie, bleib unbedingt dran an allem, was du als für dich richtig wahr nimmst. Das Wahre nehmen steckt ja darin.

    Alles Liebe von
    Klaus (Cooker Elb)

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    1. Danke für deine aufbauenden Worte, lieber Klaus. Du hast Recht, dass das Wahrnehmen etwas sehr wichtiges ist. Eine Zeit lang hat es nur unter der Oberfläche gebrodelt. Das konnte ich relativ einfach ignorieren und wegdrücken. Es ist jetzt mit meiner Therapeutin ausgemacht, dass ich ihr einen Brief schreiben darf bis zur nächsten Sitzung. Damit steht das Thema immerhin im Raum – ob ich weiterhin davonlaufe, entscheide ich dann im Oktober 😉

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  2. Hey liebe Annie,

    das Thema kenne ich von früher auch noch gut, man kann seine Therapiestunden so wunderbar damit verbringen, über die Themen zu sprechen, die einem nicht so schwer fallen, aber damit gehts dann doch leider meist nur im Kreis.
    Ich hab‘ das zugegebenermaßen auch nur durch eine sehr harte Schule meiner Kliniktherapeutin gelernt. Bei meiner ambulanten hab ich mich auch immer sehr schwergetan. Aber es hilft so viel, sich den Themen zu stellen, die einem wirklich unangenehm sind (sind sie ja nicht ohne Grund).

    Vielleicht würde es dir helfen, Deiner Thera immer im Vorhinein zu schreiben was das Thema sein soll? Zuhause bist Du ja noch nicht so in Deinem Muster.
    Die Unregelmäßigkeit hats in den letzten Monaten natürlich auch nicht gerade leichter gemacht, zumal akut ja öfter was anlag.
    Auf jeden Fall super, dass Du merkst, dass Du hier was anders willst!

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    1. Liebe Jo,
      ohja Zeit verplempern, bei oberflächlichen Smalltalk bleiben geht so einfach. Wenn es dann mal tiefer geht, ist es anstrengend und ich habe endlich das Gefühl an den Kern der Wahrheit zu kommen. Allerdings läuft es in der darauffolgenden Sitzung dann wieder auf ‚Vermeidung‘ hinaus. Wenn mir etwas wichtig ist, dann muss ich dafür einstehen – nicht die Augen verschließen, sondern Sorge tragen, dass es auf den Tisch kommt. Einiges erledigt sich auch mit der Zeit zwischen den Sitzungen. Das ist völlig normal, aber die tieferliegenden Dinge sind trotzdem noch da. Hachja, schwierig.
      Viele Grüße von Annie

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  3. Puh, das ist wirklich ungünstig. Und verständlich, dass es dich wütend macht, wenn auf Fragen herumgeritten wird, die gerade nicht relevant sind. Nur kann deine Therapeutin das wahrscheinlich nicht wissen. Denn auch die beste Therapeutin mit der perfekt polierten Glaskugel sieht dir nur vor den Kopf – und weiss eben nicht, was gerade wichtig für dich ist, besonders dann, wenn ihr euch nur selten seht.
    Ich habe wöchentlich neunzig Minuten Therapie, und auch wenn wir gerade intensiv an einem Thema arbeiten, fragt meine Therapeutin mich jedes Mal, was ich gerade mitbringe. Am Anfang lautete meine Antwort relativ konsequent „Ich weiss es nicht“ – weil ich nicht aussprechen konnte, was ich fühlte und dachte. Aber irgendwann habe ich es dann doch gewagt. Und nichts Negatives ist passiert. Stattdessen kann ich jetzt die Zeit, die sie mir schenkt, vollumfänglich nutzen, und das ist für uns beide sehr wertvoll.
    Was ich damit sagen will: Du vertraust ihr, oder? Dann lass dich darauf ein. Sie wird dich nicht weniger schätzen, wenn du ehrlich bist und ansprichst, was dir nicht gut tut. Im Gegenteil. Und vor allem wirst du selbst dich viel eher schätzen, wenn du dich traust.
    Ich wünsche dir von ganzem Herzen den Mut dazu.
    Alles Liebe
    Elín

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    1. Liebe Elín,
      mir ist klar, dass meine Therapeutin mir meine Gedanken und Bedürfnisse nicht an der Nase ablesen kann 😉
      Es ist eher eine kindliche Seite, die den Wunsch hat, dass sie eben wie ‚eine Mutter‘ genau weiß, was ich gebrauchen kann. Vielleicht könnte es mir helfen vor jeder Sitzung, eine schriftliche Vorbereitung zu machen, die ich dann auch mitnehme?! Immerhin wäre ich dann für mich erst einmal klarer und hätte etwas ’schwarz auf weiß‘ in der Hand. Danke für deine mutmachenden Worte!
      Annie

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  4. Therapie ist oft schwer, und gerade die Therapeutin ist nur eine Krücke, du musst selbst kaufen lernen, aber gerade das ist irre schwer, zumindest geht es mir so.
    Ich wünsche dir, das du nicht selbst Richterin gegenüber dir selbst bist, sondern akzeptieren darfst, das auch du kein Marathon Läufer sein musst und sollst.
    Sei lieb gegrüßt Nicole

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    1. Liebe Nicole,
      ja du hast vollkommen Recht. Ich habe mal aufgeschrieben, dass meine Therapeutin die Hand am Sattel meines Fahrrads ohne Stützräder ist. Sie kann mir Halt geben, aber fahren und das Gleichgewicht halten muss ich doch vollkommen alleine.
      Viele Grüße von Annie

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