Abschied in der Psychotherapie
Depression

Abschied naht

Seit einigen Wochen taumle ich am Rande eines unfassbaren dunklen Abgrunds entlang. Hin und wieder stürze ich der endlosen Tiefe entgegen, konnte mich allerdings jedes Mal aus eigener Kraft abfangen. In den letzten Tagen frage ich mich jedoch, ob ich mich überhaupt noch festhalten möchte. Vielleicht ist das dunkle Nichts, welches mich am Ende dieses Abgrunds einhüllen wird, die bessere Lösung als Tag ein Tag aus, immerzu gegen all die Leere und Schwere anzukämpfen.

Die Situation rund um meine Arbeit hat mich extrem ins Wanken gebracht. Nach 6 Monaten Arbeitslosigkeit zeichnete sich ein Lichtblick am Horizont ab, der so schnell er in mein Leben trat ebenso wieder verschwand. Ich sitze erneut eng umschlungen mit meiner Depression auf dem Sofa. Darfs ein Käffchen sein?

Nur noch 3 Sitzungen, dann wird meine Therapeutin ihren Erziehungsurlaub antreten. Natürlich ist sie nicht für immer aus der Welt – nur aus meiner kleinen, jeden Donnerstag um 10 Uhr. Lange Zeit habe ich das Thema verdrängen wollen, weil es für mich noch so unendlich weit weg war. Jetzt hat es mich letztlich doch eingeholt.

Während ihrer Zeit im Erziehungsurlaub wird eine Vertretung ihre Praxis übernehmen. Ja, eine Vertretung und nicht SIE! Ich habe mich über Jahre gesträubt, noch einmal den Schritt in eine Einzeltherapie zu wagen – genau aus dieser Angst heraus.

Da gibt es auf einmal doch wieder diese eine Person, die so unsagbar viel von mir weiß und der ich nach all meinen Fehltritten vertraue, bei der ich mich angekommen und angenommen fühle… Dann plötzlich ist sie fort!

Es sind alte Wunden – alte Wunden, die aufgerissen werden, obwohl sie niemals richtig verheilt waren. Ich weiß ich habe irgendwo in mir drin die Kraft, es durchzustehen, denn ich bin nicht mehr das kleine Mädchen von früher, das emotional verlassen wurde. Nur wie soll ich an diese Kraft herankommen? Wie soll ich es der kleinen Annie erklären?

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12 Gedanken zu „Abschied naht“

  1. Liebe Annie,

    ich weiß gerade nicht, was ich sagen soll. Die Abschieds-Situation mit der Therapeutin kenne ich nicht, wohl aber sehr gut das Gefühl, dass plötzliche Verluste alte schmerzhafte Erinnerungen aus der Kindheit wecken und wie weh das tun kann … Ich schicke dir eine Umarmung.

    Und was den dunklen Abgrund angeht – ja, diese Gedanken kenne ich auch. Aber: Bitte halte dich weiter fest! Es ist die Depression, die einen zu diesen Gedanken drängt. Ich erlebe dich hier auf deinem Blog als sehr liebenwerte, starke und herzliche Person, die sich viel Mühe gibt, ihren Weg zu finden.

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    1. Liebe Nebelherz,
      vielen lieben Dank für deinen Kommentar und die Umarmung. Das kann ich gerade wirklich gut gebrauchen. Ich versuche wie so viele andere von uns auch stark zu sein, immer wieder aufzustehen und zu kämpfen. An manchen Tagen bin ich jedoch so erschöpft, dass ich gar nicht mehr kämpfen mag. Das kennst du sicherlich!
      Schönes Wochenende von Annie

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  2. Ich weiß nicht, ob der Gedanke hilft. Aber ich versuche es mal. Es gibt noch eine Person, die noch da ist. Die immer da sein wird. Die Dich durch alle Tiefen begleitet hat und das auch weiterhin tun wird. Gerade ist es vielleicht schwer, dieser Person zu vertrauen. Aber eigentlich kann sie es ziemlich gut, für dich da sein. Auch wenn sie kein einfacher Freund ist, so ist sie doch ein Freund. Diese Person bist du selbst.

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    1. Lieber H-J-P (klingt cooler kicher),
      auch dir möchte ich für deine Worte danken. Weißt du, die Freundschaft und Verbundenheit mit mir selbst ist die Schwierigste überhaupt. So schwer es mir fällt mich auf andere Menschen einzulassen und Vertrauen aufzubauen umso schwieriger ist es bei mir selbst – mindestens doppelt so schwer! Wie soll ich auch Vertrauen in mich haben, wenn selbst die Menschen, die mir in meiner entscheidenden Lebensphase am nächsten standen, keins in mich hatten?
      Komm gut ins WE!
      Annie

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      1. Ich kenne diese Schwierigkeiten ziemlich gut. Und es geht ja auch nicht alles von heute auf morgen. Aber du hast es bis hier geschafft mit dir und so vieles hinbekommen. Das hört sich jetzt bestimmt ganz albern an aufs erste Lesen, wo doch alles so schwierig aussieht gerade. Aber bei so einem Rückblick kann man versuchen, wohlwollend zu sein. Du hast schwierige Dinge hinter Dich gebracht, von deren Existenz andere nicht mal wissen. Vielleicht ist das Dürfen ein Ansatz. Du musst Dir gar nicht vertrauen. Du darfst es.

        Das ist nun viel Wasser gepredigt und doch Wein gesoffen in diesem meinem Kommentar hier. Aber auch kleine Schritte sind Schritte. Und vielleicht schreibe ich das ja auch ein bisschen für mich selbst. 🙂

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  3. Hallo Annje,
    da schau ich doch wieder mal bei Dir herein und was seh ich, du bist
    ganz schlecht drauf. Das muß man auch so ansprechen!
    Ratschläge kann man da als Außenstehender nicht geben – aber man
    kann selbst zurückblicken, wie oft man schon in solch einer – oder einer
    ähnlichen Lage war.
    Ich bin mit all diesen immer mal wieder eintretenden Depressonsschüben
    72 Jahre alt geworden.
    Manchmal weiß oder wusste ich auch nicht weiter – mir haben immer meine
    tierischen Freunde geholfen.
    Mein Dalmatiner Papilo, der im Oktober vergangenen Jahres schwer krank
    wurde und mich dann für immer verlassen hat.
    Ich war total traurig und voll daneben – habe gemeint, das ist jetzt
    die Stelle, an der ich nicht mehr weiter komme.
    Ich habe viel geweint (Männer dürfen das auch).
    Irgendwie, unerwartet und eigentlich durch Zufall kam dann Chili, ein lieber
    Hund als Gasthund in mein Leben.
    Ich habe die Trauer über meinen Dalmatiner immer noch in mir – aber Chili,
    mit ihrem schönen, lieben Wesen hilft mir derzeit viel dabei, diese Trauer
    zu ertragen.
    Manchmal komme ich vor Freude und Tätigkeiten gar nicht dazu, meine
    Erlebnisse in den PC zu schreiben – aber das ist gut so, denn das zeigt,
    dass ich mit Chili wieder aktiv und froh beschäftigt bin.
    Schau dir einfach mal die Fotos an auf meiner Seite, dann siehst Du vielleicht,
    wie es mit mir wieder aufwärts geht.
    Was ich dir damit sagen möchte?
    ES GIBT IMMER EINEN WEG auch wenn man glaubt es geht nicht
    mehr weiter!
    Ich war traurig – habe sehr getauert und die Trauer auch ZUGELASSEN –
    und dann kam die Wende!
    Denk darüber nach – vielleicht sieht es in ein paar Tagen/Wochen etc. auch
    für dich wieder heller aus.
    Der Frühling kommt – die Sonne kommt – schau und geh viel in die
    Sonne, denn die hat auch unheimliche Kräfte gegen Depressionen.
    Es würde mich freuen, wenn ich bei deinem nächsten Gänseblümchen wieder
    ein schönes frohes Bild sehen könnte!
    Grüße und viele positive Gedanken sendet Dir
    K u r t

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    1. Lieber Kurt
      herzlichen Dank für deinen Kommentar. Es freut mich zu lesen, dass es dir langsam wieder besser geht. Tiere sind auch etwas Wunderbares! Wenn ich mehr Geld, mehr Platz und eine Ahnung hätte, wohin es beruflich geht, hätte ich mir auch schon einen Hund zugelegt. Das ist nämlich noch ein kleiner Traum von mir. Ein eigener Hund – vlt. sogar in meine Arbeit einbinden – tiergestützte Intervention.
      Komm gut in die neue Woche mit Chili!

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  4. Hallo Liebe Annie

    Ich finde deinen Blog sehr berührend.
    Und kann momentan sehr mit dir fühlen, denn Abschied nehmen ist nun auch bei mir grad Thema.

    Du schreibst so geordnet. Das bewundere ich, ich wünschte ich könnte es auch.
    Vielleicht kommt es ja noch oder es fühlt sich nur so an.

    Liebe grüße Amy Butterfly

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    1. Liebe Amy,
      ganz lieben dank für deinen Kommentar. Es ist schön zu lesen, dass du einiges genauso erlebst wie ich – dann sind wir beide nicht alleine. Gleichzeitig wünsche ich dir natürlich etwas Besseres 😉
      Ganz viel Sonnenschein von Annie

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  5. Du nimmst Abschied und ich bin noch auf der Suche.
    Es ist gar nicht so einfach, eine Therapie zu bekommen.

    Schade, wenn man Vertrauen in eine Person gelegt hat – ihr auch sein ganzes Leben offenbart hat – und nun auch diesen Menschen „verliert“

    Hast Du bereits Kontakt zur Vertretung? Vielleicht ist sie Dir ja sympathisch?

    Es ist nicht einfach Vertrauen aufzubauen, gerade wenn man im Leben schon so oft verletzt und enttäuscht wurde.
    Man denkt bestimmt in einer Therapeutin eine gewissen „Freundin“ die einem ernst nimmt, gefunden zu haben oder ?

    Lächelnde Grüße
    Melle von Seelentief

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    1. Liebe Melle,
      leider hat die weibliche Vertretung kurz vor der Vertragsunterzeichnung abgesagt 😦
      Ich könnte unregelmäßige Termine bei der männlichen Vertretung haben, aber der ist natürlich schon ziemlich voll. Die beiden Personen sollten sich die Praxis in Teilzeit teilen. Natürlich kann meine Therapeutin so schnell keinen Ersatz mehr finden. Wir haben allerdings ausgemacht, dass ich im Dezember wieder zu ihr kommen kann – direkt mit Termin. Sie kommt einmal pro Woche für 3-4 Klienten in die Praxis, die eigentlich gar keine reguläre Therapie mehr machen, da die Krankenkasse nicht zahlt. Da schiebt sie mich dazwischen. In der Zwischenzeit werde ich mir evtl. Termine in einer psychologischen Frauenberatungsstelle holen, die mich auch schon kennen.

      Wie ist das denn bei dir? Bist du schon aktiv auf der Suche? Es ist gar nicht so einfach die passende Person zu finden. Bitte lass dich nicht entmutigen – selbst wenn dir Absagen und Wartelisten um die Ohren gehauen werden!

      Ein schönes Wochenende von Annie

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      1. Sorry hab jetzt erst Deine Antwort gelesen, liebe Annie,

        ich bin auf aktiv auf der Suche, ja. In der Tat werden mir Wartelisten um die Ohren gehauen. AB´s kenn ich In- und Auswendig. Rückrufe sind rar, so rar dass ich mich über einen einzigen Rückruf mit Absage sogar noch fast freue!

        Naja, ich gebe nicht auf, denn ich brauche diese Therapie sehr dringend!

        Habe dir gerade auch noch unter Deinem aktuellen Posting geantwortet 🙂

        weiterhin viel Kraft!

        Lächelnde Grüße
        Melle von Seelentief

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