Wenn ich darüber nachdenke, wie ich mich im Umgang mit anderen Menschen beschreiben würde, fällt mir in der letzten Zeit viel zitierte ‚Gutmensch‘ ein. Ich versuche, meine Mitmenschen so zu behandeln, wie ich gerne behandelt werden möchte – mit Toleranz, Akzeptanz, Respekt und Freundlichkeit. Jeder von uns hat einmal grummelige, graue Tage, an denen nichts zu laufen scheint; und doch können wir selbst an diesen Tagen eine positive Richtung einschlagen. Es liegt an uns, zu entscheiden, ob wir andere Menschen mit unserer Laune vor den Kopf stoßen oder trotz der inneren Widerstände ein Lächeln aufsetzen und offen für positive Begegnungen sind.
„Was du nicht willst, dass man dir tu,
das füg auch keinem andern zu.“
(Goldene Regel, Tobias 4:16, Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers, revidierter Text)
Wäre da nicht der kleine, fiese Kobold in mir…
Er lebt von Schadenfreude und Häme, reibt sich seine kleinen Patschehändchen und grinst dabei diabolisch in sich hinein.
Dazu ein aktuelles Beispiel aus meinem Leben:
Während des Studiums lernte ich 3 Mädels an der Uni kennen, mit denen ich immer wieder Seminare besuchte oder etwas in der Freizeit unternahm. In letzter Zeit gab es zwischen mir und einem dieser Mädels ein Problem – Missverständnisse, verspätetes Wahrnehmen eigener Bedürfnisse und Konfliktvermeidung. Da ich die Beweggründe für ihren Kontaktabbruch nachvollziehen wollte, suchte ich, eigentlich total untypisch für mich, sogar das Gespräch. Daraufhin bekam ich eine Liste von Vorstellungen, denen ich als einzelne Person gar nicht nachkommen kann – u. a. hätte sie gerne einen größeren Freundeskreis, in dem Personen zuverlässig und ohne aufs Geld achten zu müssen mit ihr etwas unternehmen.
In den letzten Wochen habe ich sehr viel dafür getan, mir Möglichkeiten für neue soziale Kontakte in meinem Umfeld zu suchen. Ich möchte an Spielenachmittagen und Buchclubs teilnehmen, ich werde eine Selbsthilfegruppe für junge Erwachsene mitgründen und zusammen mit anderen Malbegeisterten soll ein regelmäßiger Maltreff entstehen. Genau an diesem Punkt wittert mein fieser, kleiner Kobold seine große Chance. Er tritt über die knarzende Schwelle seiner Hütte, springt hämisch grinsend auf die grüne Wiese voller Gänseblümchen und hüpft laut rufend auf und ab „Hehehehe, na da kannste mal sehen, ich krieg all das hin, was du nicht kannst, ätschi bätschi buh!!“
Ja äh ätschi bätschi… ist es nicht verdammt gemein und fies so zu denken? Diesen Teil von mir kann ich wirklich nur schwer akzeptieren, denn ich möchte ja all das, was darin steckt eben nicht sein. Als ich meiner Therapeutin davon erzählte, meinte sie nur lachend „Ihr Kobold ist mir sympathisch!“ – sympathisch?! Wie kann jemand dieses fiese kleine Etwas sympathisch finden?
Wir schauten einmal genauer hin. Natürlich stelle ich mich nicht vor meine Freundin und knalle ihr die Worte direkt ins Gesicht. So viel Taktgefühl besitze ich mittlerweile. Welche Funktion hat dieser Teil denn nun in mir? Als erstes fielen mir zwei sehr ’starke‘ Gefühle ein: Überlegenheit und Macht! Hm, das ist jetzt nicht gerade das Ergebnis, was ich mir erhofft habe. Dann fiel es mir jedoch wie Schuppen von den Augen – mein ‚Aha‘– Moment.
Ernst nehmen, loben, bekräftigen, stolz sein – wie jetzt?!
So fies der kleine Kerl in mir drin auch ist, er tut all das, was ich mir mit positiven Worten niemals selbst sagen könnte – Ich bin stolz auf mich. Ich nehme mich ernst. Ich darf mir etwas zutrauen. Er stößt mich mit der Nase auf meine positiven Fähigkeiten, nur eben auf eine unkonventionelle (negative) Art und Weise. Vielleicht gilt es, ihn als Lehrer zu sehen: Mit seiner Hilfe werde ich (er)lernen müssen können, wie ich einen neuen, ehrlicheren und freundlicheren Umgang mit mir selbst pflegen kann – mehr Selbstakzeptanz, mehr Selbstliebe! Gehört das nicht etwa auch im Umgang mit unserer Umwelt dazu!?
Kennt ihr solche fiese Gedanken über andere Menschen in eurem Umfeld? Habt ihr sie unter Kontrolle oder knallt ihr sie Nahestehenden um die Ohren? Findet ihr solche gemeinem Kopfsätze evtl. gar nicht schlimm, solange jeder sie für sich behält? Welchen Werten folgt ihr im Umgang mit Menschen?
Hallo Annie
der Kobolt steckt hoffentlich in uns allen und erinnert uns ab und an, dass wir auf uns stolz sein können.
Leider habe auch ich oft solche Sätze im Kopf und manchmal muss ich sie auch meinem Gegenüber sagen. Immer mit einem gewissen Taktgefühl und nicht unter der Gürtellinie. Ich habe gelernt, dass man ab und zu auch das sagen muss was man denkt. Klar wird der Gegenüber es nicht froh stimmen, aber das Leben ist nicht immer Zuckerbrot und manchmal sieht er es dann plötzlich auch und hatte es vorher nicht wahrgenommen.
Liebe Grüße
Tanja
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Hallo Tanja,
es ist beruhigend zu lesen, dass ich nicht die Einzige mit diesem Kobold bin. Auf Facebook haben mir auch schon einige ähnliche Rückmeldungen gegeben. Ich finde es gut, seinem Gegenüber mit dem gewissen Respekt zu sagen, was einen stört, in den Wahnsinn treibt oder verletzt. Der kleine Kobold könnte das allerdings nicht, denn er ist einzig und allein darauf ausgerichtet mit hämischen Kommentaren ein gutes Gefühl zu verbreiten.
Komm gut ins Wochenende! Ich bin leider schon wieder erkältet schnief
Annie
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