Depression, Soziale Angst

Kleinigkeiten mit großer Wirkung

Manchmal werfen mich schon die geringsten Kleinigkeiten aus der Bahn. Ich fühle mich als wäre ich am Ende eines langen, finsteren Tunnels angelangt – mit dem Gesicht zur Wand, kein Ausweg, und hinter mir höre ich das böse, dunkle Monster in langsamen Schritten näherkommen.

Letztes Wochenende! Ich war für den Samstag mit meinen Uni-Mädels zum Abendessen verabredet. Bereits am Vorabend kuschelte sich jedoch meine Depression an mich heran und schmeichelte mir mit ihren Worten. Wieso lasse ich mich bloß immer wieder von ihr einlullen? Ich war mir also gar nicht mehr sicher, ob ich die Verabredung überhaupt einhalten kann und will. Gründe, die dagegen sprechen sind auch schnell gefunden – ein ganzer Abend unterwegs ohne spontan nach Hause gehen zu können, eine nicht lohnenswerte Geldausgabe, als einzigste Person ohne Partner, mich unterhalten müssen…

Nachdem ich nochmal eine Nacht darüber geschlafen hatte, entschied ich mich gegen meine alten Verhaltensmuster anzukämpfen – JA, ich werde mich heute überwinden, werde die Depression auf meinem Sofa zurücklassen und einen sehr tollen Abend mit netten Menschen verbringen! Ich hatte mich schließlich auch auf dieses Treffen gefreut.

Es kommt immer anders als man denkt!

Hexenschuss! Mist, was ist denn nun schon wieder los? Da überzeuge ich mich einmal, gegen all‘ meine Bedenken anzugehen, aus der Vermeidung herauszukommen, UND DANN DAS? Versuchte da etwa ein Teil meines Unterbewusstseins, mich heimtückisch zu manipulieren?

Nachdem die Schmerzen auch nach zwei Schmerztabletten im Laufe des Tages nicht besser wurden, fuhr ich zum notärztlichen Bereitschaftsdienst. Leider erwische ich dort IMMER (jaja – ich weiß schon…) inkompetente Flachpfeifen. Ich hatte dem Arzt kaum über meine Beschwerden aufgeklärt, da war er schon dabei eine Spritze mit reichlich Schmerzmittel aufzuziehen. Hm ok – das mit der Arzt-Patienten-Kommunikation müssen wir wohl noch üben…

Ich sah mich in der Pflicht ihn darüber zu informieren, dass ich einige Medikamentenunverträglichkeiten habe, zusätzlich an Asthma leide und an diesem Tag bereits etwas eingenommen hatte. Meine Bedenken wischte er allerdings mit einer lapidaren Handbewegung beiseite – passiert schon nichts! Zwei Minuten später stand ich also vor der Praxis, ein Rezept für Schmerztabletten in der Hand und war kurz davor, einfach loszuheulen.

Wieso gelange ich so leicht an mein Limit? Wieso bricht der Damm, der sonst alle extremen Gefühle unter Verschluss hält mit einem Mal und lässt das Wasser wie einen Tsunami über mich hinwegfegen?

Am Ende bleibt meist nur eins – absolute Verzweiflung.

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8 Gedanken zu „Kleinigkeiten mit großer Wirkung“

  1. Hallo Annie,
    dieser Text ist unheimlich bewegend. So deutlich im Sinne deiner Gedanken als auch so sehr nachvollziehbar. Das mit den (Möchte-)gerngöttern in weiss erlebt man doch immer wieder, vor allem im Notdienst. Ich hoffe dein Hexenschuss ist mittlerweiler schon besser oder verträglicher geworden.
    Die abschließenden gedanklichen Fragen deines Beitrags zeigen sehr deutlich was eine Depression ausmacht und wie auf dich wirkt. Ich wünsche dir gute Besserung und ich drücke dir die Daumen, dass du eine Antwort darauf finden wirst.

    LG Dirk

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    1. Lieber Dirk
      danke für deine netten Worte! Mir geht es solala. Lange stehen macht mir Probleme mit der Muskulatur. Mein Rücken verkrampft sich dann total. Falls es bis Do nicht besser ist, gehe ich definitiv zu meiner Hausärztin. Ich stehe nur nicht so drauf mich mit Schmerzmittel vollzupumpen. Zur Zeit nehme ich auch nur ganz wenig, aber leider bringt es dann auch nichts richtig 😉
      Annie

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  2. Die Situation kommt mir sehr bekannt vor :-/
    Finde es gut, dass du die Entscheidung getroffen hattest, trotz allem zu diesem Treffen zu gehen und dich nicht abhalten zu lassen.
    Umso mehr ist es ein Schlag, dass dich dann dein Körper ausgebremst hat 😦
    Vielleicht das Hindernis erschaffen hat, das du bewusst umgehen wolltest?
    In dem Moment bleibt Verzweiflung. Da gebe ich dir Recht.
    Aber was ich auch aus deinem Text lese, dass du zum einen in der Lage bist, dich selbst zu motivieren und zum anderen kämpfen kannst, wenn dir etwas im Weg steht. Ob das jeweils zum Erfolg führt, ist wieder ein anderes Thema. Aber die nötige Voraussetzung dazu ist, überhaupt Kämpfen zu können.

    Wünsche dir viel Kraft und mach weiter so!

    Liebe Grüße

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    1. Liebe Alice
      ich danke dir für deinen lieben Worte! Weißt du was ich aus dieser ganzen Sache herausziehe?
      1. ich kann mich überwinden und werde es wieder tun
      2. geh nie am WE zum Arzt, wenn du bis montags weiterleben kannst 😀
      3. selbst die tiefste Verzweiflung geht vorüber

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  3. Trotz des inkompetenten Vollpfostens als Arzt und den Schmerzen, musst du dir immer vor den Augen halten – du wärst hingegangen und hast JA gesagt. Das alleine ist doch schon ein Vortschritt und wenn du das das nächste Mal auch wieder schaffst, wird kein Hexenschuss mehr dazwischen kommen und du wirst es nicht bereuen.
    lg Tanja

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    1. Liebe Tanja,
      ja der Arzt ging gar nicht. Am WE sollte ich einfach besser nicht krank werden. Wer arbeitet da schon gerne? 😉
      Ich wünsche dir einen schönen Wochenanfang!
      Annie

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  4. Oha, Annie,
    wünsch dir weiter gute Besserung.
    Das mit den vielen Schmerzmitteln kann ich nachvollziehen, aber manchmal gehts auch nicht anders. Natürlich hätte in deinem Fall der Arzt viel mehr Input und viel mehr Fingerspitze gebraucht.
    Übrigens hat es mich am Sonntag auch erwischt. Der Arzt meinte aber, dass alles für nen geklemmten Nerv spricht. 😉
    Nochmals gute Besserung und pass gut auf dich auf. LG Hans

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    1. Lieber Hans,
      ich hoffe dir geht es mittlerweile auch etwas besser mit deinem Rücken? Der Ischias? Gute Besserung!
      Bei mir geht es heute wieder etwas besser als gestern. Was zeigen uns die ganzen Wehwehchen? Wir werden älter! 😀
      Gerade deshalb sollten wir noch besser mit uns selbst umgehen.
      Annie

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