Soziale Angst

Error – das System ist überlastet!

Dieser Tag war emotional so turbulent – ich muss ihn erstmal richtig verarbeiten. Gerade weiß ich nicht, was ich fühle und wo ich stehe. Die Realität zieht an mir vorüber- ich bin gefühlstaub.

Das Gefühlschaos fing heute morgen an. Ich hatte mir vorgenommen zur Uni zu fahren um an meinem ersten Kolloquium für meine Abschlussarbeit teilzunehmen. Dies ist ein 14-tägiges Treffen, bei dem wir alle Fragen besprechen können, die beim Schreiben auftauchen. Als ich in der Straßenbahn saß, hatte ich wirklich ein grummeliges Gefühl im Bauch und sehr viele Gedanken im Kopf. Zum Glück saß gegenüber von mir eine Mutter mit ihrem Kleinkind. Der Junge hat mir ein Lächeln auf das Gesicht gezaubert. Er saß dort mit seinen vier Zähnchen, lachte mir zu, spielte mit seinen Händchen verstecken, in dem er sie vor die Augen hielt und wieder wegzog, lachte wieder und hat dann winke winke gemacht. Das war echt eine schöne, beruhigende Erfahrung.

Die ersten Minuten in dem Besprechungsraum empfand ich als sehr unangenehm. Dennoch habe ich mich überwunden einen Platz direkt neben einer anderen Person einzunehmen und ein wenig ins Gespräch zu kommen. Häufig vermeide ich es direkte Kontakte zu anderen herzustellen, weil sich in meinem Kopf zu viele Gedanken drehen, was alles schief laufen könnte und wie die Person das wohl empfindet. Gleichzeitig möchte ich auf alle Anwesenden so normal wie möglich wirken.
Im Endeffekt bin ich sehr froh und auch erleichtert heute dort gewesen zu sein. Meine Dozentin lässt mich meine Abschlussarbeit noch immer bei ihr schreiben, die anderen Teilnehmer sind freundlich und ich brauche mich mit der Prüfungsanmeldung nicht stressen, denn fast alle arbeiten vor. Eine gute Erfahrung all die negativen Gedanken, die in meinem Kopf waren, weitgehend widerlegt zu haben.

Eigentlich wollte ich in der Pause zwischen Uni und Krankengymnastik zur Belohnung ins Café gehen, aber kurz vor dem Kolloquium stellte ich fest, dass ich mein Portemonnaie zu Hause vergessen hatte. Ziemlich ärgerlich. Solche kleinen Ereignisse können bei mir leider schon dazu führen, dass ich den gesamten Tag in Frage stelle. Teilweise bin ich sogar davon überzeugt, den Tag mit gerade mal zwei Terminen nicht zu schaffen. Das ist so ein Moment, an dem ich flüchten möchte. Termine absagen und einbuddeln – dorthin, wo mich niemand findet. Ich finde es erschreckend wie sehr mich der Gedanken an Termine außer Haus stressen. Einer am Tag geht noch gut. Sobald es mehr werden bin ich gedanklich überfordert.

Leider konnte ich nach der Krankengymnastik nicht entspannen, wie ich es für mich geplant hatte, denn meine Rennmaus Luna atmete sehr schwer. Ich packte meine beiden Mausis in die Transportbox und lief zum Tierarzt. Keine Ahnung wieso, aber ich hatte bereits auf dem Hinweg das Gefühl, dass ich nur mit einer Maus nach Hause gehen werde. So war es dann auch – Luna hat es nicht geschafft. Eigentlich müsste ich traurig sein und heulen. Stattdessen schwebe ich in einer gefühlstauben Blase, realisiere es noch nicht richtig. Ich bin froh, sie nicht weiter leiden zu sehen und erleichtert, dass ich ihr nicht wieder 14 Tage gegen ihren Willen Antibiotika einflößen muss. Nur um Lotte mache ich mir Sorgen. Deshalb sollte ich mir relativ zügig Gedanken machen ob ich ihr eine gleichaltrige Partnerin suche oder zwei kleine Renner eingewöhne. Der Gedanke an eine Vergesellschaftung stresst mich gerade auch.

Gegen die letzten Wochen war dieser Tag heute emotional zu viel auf einmal. Ich vermute meine Seele schützt sich gerade mit dem Taubheitsgefühl. Mir wird ganz mulmig, wenn ich an morgen denke, denn ich habe seit langem einen Termin bei meiner ehemaligen Beraterin. Schon wieder ein Termin außer Haus, obwohl ich mich gerade lieber verkriechen mag. Ich bin verwirrt.

An solchen Tagen wie heute wünsche ich mir nichts sehnlichster als eine Person an meiner Seite, an die ich mich einfach anlehnen kann.

Rennmaus Luna

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6 Gedanken zu „Error – das System ist überlastet!“

  1. Hallo Annie,ja, genau das ist es … nichts sagen zu brauchen und sich einfach an eine Schulter anlehnen können. Nähe, Geborgenheit und Verstehen spüren, dann würden solche Tage viel leichter zu ertragen sein.Ich kenne es nur zu gut, dieses sich verkriechen wollen, einfach überfordert sein mit den jeweiligen Situationen und die Menschen als eine Belastung zu betrachten.Vielen Dank für deinen emotionalen Beitrag, entspanne dich, lehne dich an und fühle dich mal gedrückt.Einen schönen Abend nochLG Ede

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    1. Lieber Ede Peter,ganz vielen Dank für deine Schulter. Heute geht es mir schon ein wenig besser, aber tief in mir ist eine Traurigkeit, die ich nicht einfach wegschicken kann. Annie

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    1. Liebes Maikind, ganz vielen Dank für deine virtuelle Umarmung! Auch noch einmal tausend Dank für deine schöne Karte. Ich habe mich wirklich sehr gefreut!Annie

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  2. Liebe Sarahmittlerweile kommt die Trauer bei mir langsam durch. Als ich gestern Abend bei Lotte am Gehege stand um sie zu füttern, hatte ich einen kurzen Weinanfall, weil ich gesehen habe wie einsam sie dort ist. Mir wurde auf einmal klar Luna wird nie wieder mit ihr kuscheln, ihr das Fell putzen, sich mit ihr keppeln oder zusammen mit ihr im Laufrad laufen. Tiergeschäfte möchte ich auch keinesfalls unterstüzten. Ich schaue mich gerade nach einem Renner Notfall um und habe auch eine Züchterin angeschrieben. Wobei mir, genau wie dir, der Gedanke einem ungeliebten Tier doch ein Zuhause zu schenken besser gefällt.Annie

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  3. Liebe Annie,

    ich möchte dich jetzt nicht in die Schublade der Hochsensiblen stecken – aber ich gebe dir jetzt trotzdem einen Tipp. Mach mal für dich folgenden Test und schaue, wie du abschneidest. Über seine Hochsensibilität Bescheid zu wissen, kann zu einem unglaubliches Verständnis und Annahme seiner selbst führen.

    Schau hier:
    http://www.zartbesaitet.net/survey/site.php?a=su_onepage&su_id=1

    Ich bin deshalb drauf gekommen, als du geschrieben hast, dass du dich gefühlstaub gefühlt hast. Bei mir ist das so eine Art Nebelgefühl, welches sich im Kopf breit macht. Das kommt dann, wenn zu viele Reize von außen als auch von innen verarbeitet werden müssen. Und bei Hochsensiblen kommen viel mehr Reize in einer Zeiteinheit an als bei Normalsensiblen.
    Dazu habe ich auch ein Gedicht geschrieben:
    https://hochsensibel1753.wordpress.com/2015/06/03/traffic-jam-on-the-feelings-highway/

    Liebe Grüße,
    Julia

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